Im klimaneutralen Energiesystem wird grüner Strom, der hauptsächlich aus Wind- und Sonnenenergie gewonnen wird, der zentrale Baustein sein. Neben der direkten Nutzung des Stroms werden auch Fahrzeuge und Heizungen überwiegend elektrisch betrieben werden. Da diese Umstellung nicht für alle Anwendungen und Prozesse sinnvoll möglich ist, werden in manchen Bereichen weiterhin Brennstoffe eingesetzt werden. Bei der Betrachtung von erneuerbaren Brennstoffen sind drei Arten zu unterscheiden.

Agro-Brennstoffe – Übergangstechnologie mit Ablaufdatum

Biogas (Methan/CNG) und Biodiesel werden heute überwiegend aus Agro-Brennstoffen gewonnen. Für die Erzeugung werden Pflanzen (z.B. Mais, Raps) genutzt, die eigens für die Energiegewinnung angebaut wurden. Diese Art der energetischen Nutzung wird zunehmend kontrovers disktuiert, da mit dem Anbau vielfältige negative Wirkungen auf Mensch und Umwelt verbunden sind.

In Deutschland werden auf etwa 13% der landwirtschaftlichen Fläche Energiepflanzen angebaut. Insbesondere auf den fruchtbaren Äckern der Soester Börde stehen diese in direkter Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion. Dies gilt umso mehr, wenn der ökologische Anbau wachsen soll. Darüber hinaus werden Flächen für Neuwaldbildung benötigt, sowie Flächen, die unter Naturschutz gestellt werden können, um das Artensterben zu stoppen. Das Umweltbundesamt empfiehlt daher die Einstellung des Anbaus von Energiepflanzen bis 2030.

Die damit verbundenen Nutzungskonkurrenzen um Anbauflächen und negative Auswirkungen auf Wasser, Boden, Biodiversität und Naturschutz werden als nicht vertretbar erachtet (UBA, 2013a), so dass in allen Green-Szenarien die Nutzung von Biomasse, die zum alleinigen Zweck der energetischen Nutzung angebaut wird, sinkt und nach 2030 nicht mehr stattfindet.

Umweltbundesamt: “Wege in eine ressourcenschonende Treibhausgasneutralität

Beim Vergleich der verschiedenen Techniken zur Nutzung erneuerbaren Energien ist die jeweilige Flächeninanspruchnahme ein wichtiges Kriterium. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Wind- und Solarenergie der Biomasse in der Flächeneffizienz um ein Vielfaches überlegen sind. Auf der gleichen Fläche kann bis zu 60-mal mehr Energie produziert werden, wenn Solaranlagen den Maisanbau ersetzen.

Bio-Brennstoffe – Bio-Reste mit begrenztem Potenzial

Doch es gibt neben der konfliktbehafteten Anbaubiomasse andere Biomassequellen, die zum Teil sogar ökologisch günstige Nebeneffekte haben. Beispielsweise liefert die Vergärung von Gülle nicht nur Energie, sondern wandelt die Gülle in einen bodenverträglicheren Dünger um. Auch die energetische Nutzung von Grünschnitt aus der Landschaftspflege, biogenen Siedlungs- und Industriebfälle ist nicht mit gravierenden ökologischen und sozioökonomischen Risiken verbunden.

Die Potenziale für Energie aus biogenen Abfall- und Reststoffen sind insgesamt relativ gering. Gängige Studien gehen davon aus, dass der Anteil der Bioenergie etwa 7-8% des Energiebedarfs in 2030 decken könnten. Sie können jedoch in der Transformation in ein neues Energiesystem eine durchaus relevante Funktion einnehmen, vor allem wenn sie dazu dienen, Schwankungen in der Strom- und Fernwärmeerzeugung durch Wind und Sonne auszugleichen. Allerdings kann es auch hier zu Nutzungskonkurrenzen kommen, was eine Abwägung im Einzelfall erfordert.

E-Brennstoffe – Schnelle Hilfe mit Energieverlust

Aus Wasser und grünem Strom wird durch Elektrolyse klimaneutral Wasserstoff produziert, der z.B. als Brennstoff in der Stahlerzeugung oder in Brennstoffzellen dienen kann. Der Wirkungsgrad liegt bei etwa 80%. In einem weiteren Verarbeitungsschritt kann daraus E-Methan, E-Kerosin oder E-Benzin für den Einsatz im Verkehrsbereich oder auch der Hauswärme raffiniert werden. Der Gesamtwirkungsgrad für die Methanisierung liegt bei etwa 64-75%.

Neben den Energieverlusten, die bei der Umwandlung entstehen, kommt es zu großen Verlusten in den Verbrennungsanlagen, die weniger effizient arbeiten, als die elektrischen. Langfristiges Ziel sollte daher eine möglichst weitgehende Elektrifizierung mit Sonnen- und Windenergie sein. Diese wird bis 2030 jedoch noch nicht vollständig vollzogen sein, da vor allem in den Bereichen der Hauswärme , des Schwerlastverkehrs und der Industrie die Umstellungsprozesse länger dauern werden.

Für die Klimaneutralität in Soest, werden wir 2030 somit auf einen Anteil von erneuerbaren Brennstoffen angewiesen sein. Die Brennstoffauswahl sowie der geplante Umfang sollte Bestandteil eines tragfähigen, auf die Zukunft ausgerichteten Energiekonzeptes sein, das in ein gesamtstrategisches Klimaschutzkonzept eingebettet ist. Die Strategie-Entscheidungen sollten dabei stets evidenzbasiert getroffen werden.

Das vorgestellte Ziel-Szenario aus dem Masterplan Klimapakt Soest ist dahingehend dringend zu überprüfen. Den Energiebedarf zu 50% mit Energie aus Agro-Brennstoffen zu decken, scheint aus o.g. Gründen nicht zeitgemäß auch nicht realisierbar zu sein. Um die genannten 300 GWh/a Energie mit Energiepflanzen zu produzieren, müssten in Soest 6.018 ha (Methan-Ertrag: 5000 m³/ha, Energiegehalt: 9,97 kWh/m³ Methan) Mais angebaut werden. Dies entspricht 106% der gesamten landwirtschaftlichen Fläche (5700 ha).


Quellen: